Zur Ausstellung
Als das Nürnberger Tribunal den Generalbevollmächtigten für Arbeitseinsatz Fritz Sauckel als „größten und grausamsten Sklavenhalter seit den Pharaonen“ bezeichnete, handelte es sich nicht um eine dramatische Übertreibung. Während des Nationalsozialismus wurde die Zwangsarbeit zum Massenphänomen, welches das Leben von Millionen von Menschen im besetzten Europa bestimmte.
Für die deutsche Kriegswirtschaft wurden sowohl zivile Arbeitskräfte, als auch Kriegsgefangene und Gefangene der Judenghettos, der Internierungslager für Roma, der Konzentrationslager und anderer Gefängnisanstalten nutzbringend ausgenutzt. Die Behandlung der zivilen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter hing von zeitlichen und örtlichen Faktoren, aber auch von ihrer Stellung in der unübersichtlichen Nazihierarchie von „Rassen“ und Völkern ab. Der härtesten Behandlung waren die Arbeiterinnen und Arbeiter aus der Sowjetunion (Ostarbeiter) und die polnischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ausgesetzt; Arbeiterinnen und Arbeiter aus den westeuropäischen Staaten hatten etwas erträglichere Arbeits- und Lebensbedingungen.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden auch mehr als 400 000 Tschechinnen und Tschechen im Ausland eingesetzt. Seit 1942 wurden ganze Jahrgänge junger Menschen aus dem damaligen Protektorat Böhmen und Mähren deportiert. Der Zwangseinsatz wurde zur Erfahrung einer ganzen Generation, die bis heute das kollektive Gedächtnis eines bedeutenden Teils der tschechischen Gesellschaft beeinflusst. Als Slawen teilten die tschechischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter das Schicksal der anderen „rassisch Minderwertigen“, konnten sich jedoch als Angehörige des Protektorats „unter dem Schutz des Reiches“ in mancherlei Hinsicht mit den westeuropäischen Arbeiterinnen und Arbeitern vergleichen. Ihre Stellung und Behandlung war somit veränderlich.
Die Ausstellung widmet sich der Vielfalt der Schicksale der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, dem Andenken derer, die nie wieder nach Hause zurückkehrten, und dem langen Weg der Überlebenden zu moralischer und finanzieller Genugtuung. Nach mehreren Präsentationen in Deutschland wird die Ausstellung zum ersten Mal auch in Österreich gezeigt. Im Rahmen der Wiener Präsentation wurde sie um eine Reihe von Dokumenten und Fotografien erweitert, die spezifisch Zwangsarbeit im heutigen Österreich betreffen. Die Mehrzahl stammt aus dem persönlichen Besitz der damaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und wurde bisher nicht veröffentlicht.
Kuratorin: Jana Havlíková
Ausstellungsdauer: 10.10.2018 bis 15.3.2019
Die Eröffnung der Ausstellung fand am 10.10.2018 statt. Informationen zum Programm der Eröffnungsveranstaltung finden sie im Einladungsfolder (PDF).
Fotostrecke zur Ausstellungseröffnung
Eine Kooperation von
http://www.fondbudoucnosti.cz/de/Deutsch-Tschechischer Zukunftsfond
Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit (eine Abteilung der Stiftung Topographie des Terrors)
Živá paměť
Stiftungsfonds Erinnerung, Verantwortung und Zukunft und des Tschechischen Rates für NS-Opfer
Zukunftsfonds der Republik Österreich
Universitätsbibliothek Wien
Institut für Zeitgeschichte Wienhttps://www.univie.ac.at/zeitgeschichte/